Der genaue Wortlaut unseres Einwohnerantrags war folgender: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Göppingen innerhalb eines Jahres einen Klimaaktionsplan mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2035 in Göppingen erstellt?“. Mit dem nun im Gemeinderat beschlossenen Klimaaktionsplan hat die Stadt Göppingen unseren Teil unserer Kernforderungen erfüllt, nämlich einen Klimaaktionsplan vorzulegen. Vielen Dank an dieser Stelle an die Stadtverwaltung für die viele Arbeit, die in den Plan gesteckt wurde! Jedoch geht unserer Sicht im vorgelegten Klimaaktionsplan der zweite Teil der Forderung unseres Einwohnerantrags unter, nämlich, wie genau die Klimaneutralität bis 2035 erreicht werden soll. Dementsprechend fällt unsere Pressemitteilung aus, die wie folgt lautet:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
der Gemeinderat hat am vergangenen Donnerstag einen Klimaaktionsplan für Göppingen beschlossen. Darauf haben wir, die Initiative Göppingen Klimaneutral 2035, seit dem Frühjahr 2022 hingearbeitet. Unsere Freude ist allerdings begrenzt. Der verabschiedete Klimaaktionsplan ist leider weitestgehend frei von „Aktionen“.
Bisher bringt der Klimaaktionsplan unsere Stadt dem Ziel der Klimaneutralität bis 2035 nicht entscheidend näher. Konkrete Maßnahmen finden sich darin nur sehr wenige. Eine zum Beispiel ist der Umbau des ZOB. Die Aufmerksamen werden hier bemerken, dass die Planungen für den Umbau des ZOB schon begonnen hatten, als ein Klimaaktionsplan noch nicht einmal am Horizont zu erkennen war. Warum soll der ZOB umgebaut werden? Nicht etwa aus Klimagründen, sondern weil er nicht barrierefrei ist und das Personenbeförderungsgesetz dies seit dem 1. Januar 2022 vorschreibt. Die Klimawirkung des Umbaus wird ohne flankierende Maßnahmen zum ÖPNV sehr begrenzt sein.
Eine zweite Maßnahme ist die Erstellung eines „Klimaangepasste Stadt- und Mobilitätskonzept Göppingen 2035″. Dies kann tatsächlich eine große Bereicherung für Göppingen werden, wir verfolgen dies mit Spannung. Weitere konkret geplante Maßnahmen? Da wird es in den 81 Seiten dann schon eher dünn… Der vorgelegte Plan liest sich in weiten Teilen mehr wie eine Bestandsaufnahme, der ein eigentlicher Aktionsplan noch folgen sollte.
Der Klimaaktionsplan fasst recht detailliert zusammen, was in Göppingen in der Vergangenheit bereits passiert ist. Das ist schön. Wir hätten uns aber ebenso viel Fokus darauf gewünscht, was in Göppingen in der Zukunft genau passieren soll. Wenn wir zusammen einen ernsthaften Versuch unternehmen wollen Klimaneutralität (oder auch Treibhausgasneutralität) zu erreichen, dann brauchen wir konkrete Ziele und daraus folgend auch konkrete Schritte. Wir erwarten keinen durchdeklinierten Plan für die kommenden 11 Jahre, aber deutlich detailliertere Schritte für die einzelnen Maßnahmen. Bis wann dürfen wir zum Beispiel mit einem Sanierungsfahrplan der städtischen Gebäude rechnen? Diese Frage „bis wann?“ könnte man bei fast allen Maßnahmen stellen. Wenn man sich ein konkretes Ziel setzt, dann steigen die Chancen dieses zu erreichen. Am liebsten hätten wir bei jeder Maßnahme im Klimaaktionsplan eine Zeitangabe.
„Strategieentwicklung für Bauleistungen“ ist eine andere Maßnahme. Im Text steht dazu, dass man bei der Vergabe von Bauaufträgen konkrete Kriterien benötigt, die bei Ausschreibungen herangezogen werden können, um Treibhausgasneutralität und Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Wie kommen wir jetzt aber zu diesen Kriterien? Wissen wir leider noch nicht, scheint die Antwort zu lauten. So kann/muss man leider an vielen Stellen fragen. Bleibt es so nebulös wie im Klimaaktionsplan, dann droht Gefahr, dass die notwendigen Maßnahmen viel zu spät oder eben auch gar nicht kommen. Erfolgreicher Klimaschutz sieht anders aus.
Was hatte der Gemeinderat am 15. Dezember 2022 eigentlich beschlossen? Folgendes: „Die Stadt Göppingen erstellt innerhalb eines Jahres einen Klimaaktionsplan mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2035 in Göppingen.“ (Gemeinderatsbeschluss 190/2022)
Aus unserer Sicht erfüllt der vorgelegte Plan die im Einwohnerantrag vorgelegte Fragestellung nicht. Wir hätten uns einen Aktionsplan gewünscht, der tatsächlich aufzeigt, wie man bis 2035 Klimaneutralität erreichen könnte und was dafür notwendig ist. Dann hätte man eine ehrliche Diskussion starten können, was man davon umsetzen kann, was aktuell noch warten muss, was wie viel kostet, was am Ende Kosten spart. Ob das Ziel überhaupt zu erreichen ist. Dann hätte auch der Gemeinderat Farbe bekennen müssen, ob er wirklich Klimaschutz voranbringen will oder ob es einer Mehrheit der Stadträte ausreicht darüber zu sprechen. Wir haben bald Kommunalwahl, dann kann der Wähler entscheiden, ob er Politiker möchte, die etwas voranbringen oder die die Dinge eher verschleppen.
Wir wissen, dass Klimaneutralität bis 2035 eine gewaltige Aufgabe ist. Aber vom auf-Morgen-vertrösten wird es tatsächlich nicht besser, nur schwieriger. Ernsthafter Klimaschutz wird auch Kosten verursachen. Bei den Fachleuten besteht allerdings Einigkeit, dass nichts zu tun am Ende sogar noch viel teurer wird.
Auch von der Stadtverwaltung hätten wir uns mehr Offenheit gewünscht. Wenn ein Plan in der notwendigen Qualität mit einer ein-Personen-Stabstelle-Klimaschutz nicht zu bewältigen ist, dann hätten wir uns gewünscht, dass die Stadtverwaltung dies klar benennt.
Wir wissen sehr wohl, dass wir uns in einer Hauhaltskonsolidierung befinden. Geld ist knapp. Aber gerade bei knapperen Kassen muss man sich über die Prioritätensetzung bewusst sein. Auch darüber brauchen wir eine ehrliche Diskussion. Klimaschutz ist kein „kostspieliges Übel“, sondern eine Notwendigkeit. Die Ablehnung einer zweiten Stelle im Oktober durch den Gemeinderat, die sich mit den städtischen Liegenschaften und dem Fuhrpark beschäftigen sollte, war dabei kein gutes Zeichen. Die auf drei Jahre befristete Stelle wäre dringend nötig und wurde abgelehnt, obwohl fast 2/3 der Kosten über ein Förderprogramm gedeckt gewesen wären. Wir erwarten, dass die Stelle zum nächsten möglichen Zeitpunkt im März dem Gemeinderat wieder vorgelegt wird und hoffen darauf, dass die Fördermittel bis dahin noch nicht ausgeschöpft sind. Und natürlich auf ein zustimmendes Votum. Alles andere wäre eine riesige Enttäuschung.
Der verabschiedete Klimaaktionsplan hat im Gemeinderat eine breite Mehrheit erhalten. Warum auch nicht, er tut absolut niemandem weh, aber er bringt Göppingen leider auch nicht voran. Teile des Gemeinderates haben dies auch erkannt. Wir sind inzwischen mit der Stadtverwaltung im Austausch und haben Hoffnung, dass der Klimaaktionsplan zeitnah nachgeschärft wird. Wir werden versuchen die Stadtverwaltung dabei tatkräftig zu unterstützen. Wir brauchen mehr konkrete Maßnahmen, mehr innovative Konzepte und mehr konkrete Ziele. Nur wer sich konkrete Ziele setzt, kann diese auch überprüfen. Göppingen braucht einen Klimaaktionsplan mit Mut und Biss.
Wir sind es den mehr als 1.200 Menschen, die bei unserem Einwohnerantrag unterschrieben haben, schuldig, uns weiter für ernsthaften Klimaschutz einzusetzen. Dies werden wir auch weiterhin tun.“